Das Recht von Geschwistern, nicht getrennt zu werden, ist nun im „alten“ Zivilgesetzbuch verankert

Das Gesetz vom 20. Mai 2021 zur Abänderung des alten Zivilgesetzbuches in Bezug auf die persönlichen Bindungen zwischen Geschwistern räumt diesen nun ausdrücklich das Recht ein, auch nach einer Trennung der Eltern oder im Fall einer Unterbringung im Rahmen einer Jugendschutzmaßnahme, zusammenzubleiben. Nur wenn das Kindeswohl es erfordert, wird dieses Recht nicht ausgeübt und es kann eine andere Regelung getroffen werden. Aber auch in diesem Fall muss der persönliche Kontakt zwischen den Geschwistern aufrechterhalten bleiben.

Die neuen gesetzlichen Bestimmungen sollen dafür Sorge tragen, dass die Geschwister möglichst gemeinsam aufwachsen oder zumindest in Kontakt mir einander bleiben. Obwohl dies auf den ersten Blick naheliegend erscheinen mag, ist es in der Praxis häufig so, dass Kinder aus derselben Familie nach der Trennung der Eltern oder nach einer Unterbringung im Rahmen einer Jugendschutzmaßnahme getrennt aufwachsen müssen. Dies wollte der Gesetzgeber mit dem Gesetz vom 20. Mai 2021, mit dem u.a. ein völlig neues Kapitel „Geschwister“ in das Zivilgesetzbuch eingefügt wurde, künftig vermeiden.

 

Ein neues Kapitel „Geschwister“ im Zivilgesetzbuch

In diesem Kapitel befindet sich nun der Artikel 387septiesdecies, welcher Folgendes vorsieht: „Minderjährige Geschwister haben das Recht, nicht getrennt zu werden. Dieses Recht muss im Interesse des jeweiligen Kindes beurteilt werden. Erfordert es das Kindeswohl, dass von diesem Recht kein Gebrauch gemacht wird, bemühen sich die Eltern, Pflegeeltern, das Gericht und die zuständige Behörde um die Aufrechterhaltung des persönlichen Kontaktes zwischen dem Kind und jedem seiner Geschwister, es sei denn, dass dieser Kontakt ebenfalls nicht im Interesse des Kindes ist.

Artikel 387sexiesdecies fügt hinzu, dass Kinder, die gemeinsam in einer Familie aufgewachsen sind und untereinander eine emotionale Bindung aufgebaut haben, biologischen Geschwistern gleichgestellt sind.

Diese neuen gesetzlichen Bestimmungen gelten für die elterliche Autorität, die Pflegeelternschaft und die Unterbringung eines nicht für mündig erklärten Minderjährigen im Rahmen der Jugendhilfe oder des Jugendschutzes, mit Ausnahme von Unterbringungen in Folge der Begehung einer als Straftat qualifizierten Tat.

 

Weitere Änderungen des Zivilgesetzbuches

Um zu gewährleisten, dass Geschwister gemeinsam aufwachsen können, wurden durch das Gesetz vom 20. Mai 2021 neben der Einführung des neuen Kapitels auch einige bestehende gesetzliche Bestimmungen im alten Zivilgesetzbuch abgeändert:

  • In Artikel 374 des alten Zivilgesetzbuches, der das Beherbergungsrecht nach Trennung der Eltern betrifft, wurde ein Absatz hinzugefügt, der vorsieht, dass das Gericht, wenn es von den getrennten Eltern oder von einem Elternteil angerufen wird, um die Beherbergungsmodalitäten festzulegen, dafür Sorge tragen muss, dass für alle Geschwister die gleiche Regelung getroffen wird. Gegebenenfalls legt das Gericht die Art und Weise fest, in der die Geschwister persönliche Beziehungen untereinander unterhalten können.
  • In Artikel 375bis des alten Zivilgesetzbuches wird nun ausdrücklich vorgesehen, dass Geschwister in jedem Alter das Recht haben, persönliche Beziehungen zu unterhalten.
  • Hinsichtlich der Vormundschaft muss der Friedensrichter vorzugsweise für alle Geschwister denselben Vormund bezeichnen, wobei die Interessen jedes einzelnen Kindes zu berücksichtigen sind (zusätzlicher Absatz eingefügt in Artikel 393 des alten Zivilgesetzbuches).

Die neuen gesetzlichen Bestimmungen sind anwendbar seit dem 19. Juni 2021.

 

Quellen:

  • Gesetz vom 20. Mai 2021 zur Abänderung des alten Zivilgesetzbuches betreffend die persönliche Bindung zwischen Geschwistern, B.S. 9. Juni 2021, S. 57506.
  • « Le lient entre frères et sœurs est ancré dans l’ « ancien » Code civil », in Webseite Jura-Actualités, 10 juin 2021 [online], https://jura.kluwer.be, besucht am 2. Juli 2021.

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